Tiling, Magdalene von (1877-1974)
(erstellt: Februar 2024)
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Die am 19. Mai 1877 in Riga geborene Magdalene Louise Charlotte von Tiling darf zu den bedeutenden Frauen des konservativen Luthertums der 1920er Jahre gerechnet werden. Als langjährige Vorsitzende des „Verbandes evangelischer Religionslehrerinnen“ und des Dachverbandes aller evangelischen Frauenorganisationen, der „Vereinigung Evangelischer Frauenverbände Deutschlands“, sowie durch ihre Mitarbeit in verschiedenen kirchlichen und schulpolitischen Gremien prägte sie mehrere Generationen evangelischer Pädagoginnen und Pädagogen. Sie gestaltete maßgeblich den Diskurs um die Neubestimmung der Geschlechterbeziehungen (→ Gender
1. Biographische Wurzeln
Magdalene von Tiling stammte aus bürgerlichen Verhältnissen. Ihr Vater Wilhelm war Pfarrer und Oberlehrer in Riga, 1886 erhielt er das Amt des Dompredigers der Stadt. Ihre Mutter Maria, geb. Kupffer, war Hausfrau. Magdalene wurde als viertes von zwölf Kindern und älteste von acht Töchtern geboren. 1888 siedelte die Familie, deren Vorfahren bereits seit Mitte des 18. Jahrhunderts im Baltikum gelebt hatten, ins Deutsche Reich über. Nach ihrer Schulausbildung an der Bürgerschule in Staßfurt in Preußen und im Kloster Marienberg bei Helmstedt 1893 verbrachte sie, wie viele unverheiratete Frauen aus bürgerlichen Kreisen im Kaiserreich, einige Jahre als Gouvernante. Dann entschloss sie sich, Lehrerin zu werden. 1902 legte Magdalene von Tiling in Kassel das Lehrerinnenexamen ab, das sie für den Unterricht an mittleren und höheren privaten Mädchenschulen befähigte. Bis 1906 unterrichtete sie an zwei höheren Privat-Mädchenschulen in Kassel. Mit 29 Jahren entschloss sie sich, Theologie und Geschichte zu studieren und sich damit auf das Oberlehrerinnenexamen vorzubereiten.
Da in Preußen den Frauen erst ab 1908 die vollständige Immatrikulation an den Universitäten gestattet war, nahm sie 1906 in Göttingen an den seit 1894 von Anna Vorwerk eingerichteten wissenschaftlichen Kursen für Lehrerinnen teil. Ziel der Kurse war es, Lehrerinnen, die bereits im Beruf gestanden hatten, in Methoden wissenschaftlichen Denkens und Arbeitens einzuführen. In Kooperation mit acht Professoren der Universität Göttingen wurden Lehrerinnen auf den Abschluss der Oberlehrerinnenprüfung vorbereitet. Am 10. Mai 1909 legte von Tiling das Oberlehrerinnenexamen ab und wurde im Juni 1909 als Studienrätin am städtischen Oberlyzeum von Elberfeld angestellt.
2. Mädchenschulwesen und Religionsunterricht
Diese Anstalt, eine Neugründung, die im Zuge der Neuordnung des höheren Mädchenschulwesens 1908 eingerichtet worden war, umfasste die auf einer zehnjährigen allgemeinen Schulbildung aufbauende doppelzügige Oberstufe. Ein Zweig vermittelte als zweijährige Frauenschule eine hauswirtschaftliche und sozialpädagogische Ausbildung, der andere führte in drei Jahren theoretischer und einem weiteren Jahr praktischer Ausbildung zur Lehrerinnenprüfung. Magdalene von Tiling unterrichtete in beiden Abteilungen. Ihr oblag der gesamte Religionsunterricht und in einigen Klassen der Geschichtsunterricht. 1911 beschloss die Stadtverordnetenversammlung von Elberfeld, ihr die Mitleitung der Frauenschule und des Kindergartenseminars unter Verleihung des Titels ‚Frau Oberin‘ zu übertragen samt einer Entschädigung von jährlich 600 Mark, was eine weitreichende organisatorische und konzeptionelle Tätigkeit beinhaltete. Ihre Aufgabe bestand in der Betreuung und Ausbildung der Kindergärtnerinnen und Hortnerinnen sowie in der Anfertigung von Stunden- und Stoffplänen für Frauenschule, Kindergärtnerinnen- und Hortnerinnenseminar. So war Magdalene von Tiling aufgrund ihrer Ausbildung als Lehrerin und ihrer Leitungsposition in einer höheren Mädchenbildungsanstalt bereits seit Beginn des 20. Jahrhunderts in die Debatte um die Neustrukturierung der höheren Mädchenbildung involviert und konzeptionell beteiligt.
Ein zweites Thema, das sie in dieser Zeit beschäftigte, war die Diskussion um die Reform des Religionsunterrichts. Seit 1906 war sie Mitglied des Gesamtvorstandes der „Konferenz von Religionslehrerinnen“. Diese 1905 gegründete Organisation war ein Zusammenschluss von Religionslehrerinnen, die theologisch dem „orthodoxen“ und „positiv-christlichen“ Lager angehörten. Sie wollten gegen alle Reformvorschläge einer liberalen Theologie den evangelischen Religionsunterricht auf biblisch-bekenntnismäßiger Grundlage erhalten. Das Motto „nicht zurück zum Glauben der Väter, sondern vorwärts im Glauben der Väter“ ordnet die Organisation in die konservative kirchlichkonfessionelle Richtung der Theologie im Kaiserreich ein. Magdalene von Tiling, die seit 1910 mit der Redaktion des Verbandsorgans „Mitteilungen aus der Konferenz von Religionslehrerinnen“ betraut war, verfasst Artikel über das lutherisch geprägte Verständnis der Stellung der Christen zu Schrift und Bekenntnis sowie zum Religionsunterricht. Als 1916 der „Verband evangelischer Religionslehrerinnen“ als Nachfolgeorganisation gegründet wurde, wurde Magdalene von Tiling der Vorsitz übertragen, bis zur Auflösung des Verbandes im Jahr 1939. Der „Verband evangelischer Religionslehrerinnen“ setzte die Arbeit der „Konferenz von Religionslehrerinnen“ fort. Er trat für die Erhaltung eines biblisch-bekenntnismäßigen Religionsunterrichts ein und fordert die Sicherung der evangelischen Schule. Organ des Verbandes war seit 1926 die Zeitschrift „Schule und Evangelium“, gleichzeitig auch Organ der 1926 gegründeten „Evangelischen Schulvereinigung“. 1922 hatte der Verband 700 ordentliche und 500 außerordentliche Mitglieder. 1931 wurde der Name geändert in „Verband für evangelischen Religionsunterricht und Pädagogik“. Im August 1939 erfolgte die Auflösung des Verbandes. Die Zeitschrift erschien noch bis Sommer 1941 unter dem Namen „Unterweisung und Glaube“. Die Arbeit Magdalene von Tilings bestand vor allem in der Redaktion des Verbandsorgans sowie in pädagogischen und theologischen Vorträgen in den Ortsverbänden.
3. Politikerin der DNVP und das Eintreten für Bekenntnisschulen
Die theologische und politische Arbeit Magdalene von Tilings war maßgeblich von ihrer Krisenwahrnehmung des Berlin der zwanziger Jahre geprägt. In dieser Zeit entstanden ihre wichtigsten eigenständigen Abhandlungen im Bereich von Theologie und Pädagogik.
Den Verlust der Monarchie nach Ende des Krieges 1918 empfand Magdalene von Tiling als schmerzlich. Doch erkannte sie in den Errungenschaften der → Demokratie
Die Weimarer Reichsverfassung hatte die christliche Simultanschule mit Religion als Pflichtfach zur Regelschule bestimmt. Der Religionsunterricht sollte in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt werden, nähere Bestimmungen sollten der Ländergesetzgebung überlassen bleiben. So beteiligte sich Magdalene von Tiling während der gesamten Weimarer Republik an den drei großen Entwürfen von 1921, 1925 und 1927 zum Reichsschulgesetz, das allerdings nicht verabschiedet wurde. Seit 1921 war sie zudem Mitglied im „Reichsfrauenausschuss der DNVP“.
4. Das Konzept einer „Evangelischen Frauenbewegung“
Im selben Jahr wurde sie Mitglied in dem Arbeitsausschuss der „Vereinigung Evangelischer Frauenverbände Deutschlands“ und avancierte im September 1923 zur ersten Vorsitzenden. Mit 27 Frauenverbänden und fast zwei Millionen Mitgliedern stellte diese Vereinigung den größten Zusammenschluss von Frauen in der Weimarer Republik dar. Die „Vereinigung Evangelischer Frauenverbände Deutschlands (VEFD)“ war 1918 gegründet worden, nachdem der „Deutsch-Evangelische Frauenbund (DEF)“ wegen seiner Ablehnung des Frauenstimmrechts aus dem „Bund Deutscher Frauenvereine (BDF)“ ausgetreten war. Die „VEFD“ verstand sich als Dachverband aller evangelisch-kirchlichen Frauenverbände und als Konkurrenzmodell zum „BDF“. Das Organ war das „Nachrichtenblatt der Vereinigung evangelischer Frauenverbände Deutschlands“, ab 1927 umbenannt in „Monatsblatt der Vereinigung Evangelischer Frauenverbände Deutschlands“ und 1930 in „Aufgaben und Ziele. Monatsblatt der Vereinigung Evangelischer Frauenverbände Deutschlands“. Die Arbeit Magdalene von Tilings bestand in der Vortragstätigkeit innerhalb der verschiedenen angeschlossenen Verbände und von 1923 bis Ende 1935 in der Herausgabe des Verbandsorgans. Zunehmend programmatisch arbeitete Magdalene von Tiling das Konzept einer evangelischen Frauenbewegung heraus. Sie strebte das Engagement aller dem Politischen feindlich gegenüberstehenden Frauen des konservativen Protestantismus an und rief zu einer „Einheitsfront“ aller evangelischen Frauen auf. Die Politisierung der Frauen sollte ein verstärktes christliches Engagement aus evangelischem Bewusstsein hervorbringen. In Rückbesinnung auf „das von Gott mit der Schöpfung gegebene Sein der Frau“ sollte die Frau ihre Rolle in Volk und Staat“ finden (Tiling, 1924, 1).
5. Zusammenarbeit mit Friedrich Gogarten
In das Jahr 1925 fiel die Begegnung Magdalene von Tilings mit dem Theologen Friedrich Gogarten. Es entstand eine lebenslange Freundschaft mit der Familie Gogarten und eine intensive Arbeitsgemeinschaft mit Friedrich Gogarten in den Grenzbereichen von Theologie und Pädagogik. Gogarten wurde zum ständigen Mitarbeiter der Zeitschrift „Schule und Evangelium“ und hielt regelmäßig Vorträge auf den Tagungen des „Verbandes evangelischer Religionslehrerinnen“. Magdalene von Tiling besuchte die Familie Gogarten häufig, um sich mit Gogarten über theologische Fragen auszutauschen. Am 29. September 1926 erhielt Magdalene von Tiling auf Anregung des Theologieprofessors Friedrich Brunstäd die Ehrendoktorwürde der theologischen Fakultät der Universität Rostock.
6. Die Theologie der Schöpfungsordnungen und die Beziehung der Geschlechter
Seit Anfang der zwanziger Jahre hatte von Tiling eine große Anzahl an Publikationen verfasst. Zudem entwarf sie in dieser Zeit eine schöpfungstheologisch begründete Neukonzeption der Geschlechterverhältnisse im Protestantismus, die sich sowohl auf ihre Entwürfe zur Mädchenerziehung auswirken als auch auf die Debatte um den Religionsunterricht.
Magdalene von Tiling war Lutheranerin, genauer gesagt, sie gehörte der altlutherischen Richtung an. Seit 1925 rekurrierte sie in ihren theologischen und pädagogischen Schriften verstärkt auf die aus dem Neuluthertum des 19. Jahrhunderts stammende Theologie der Schöpfungsordnungen, die in den zwanziger Jahren zu einem zentralen theologischen Denkmuster avancierte. Danach findet sich jeder Mensch (→ Anthropologie
Hinsichtlich der Geschlechterbeziehungen leitete Magdalene von Tiling in ihrer 1925 erschienenen Schrift „Die neue Stellung der Frau in der Volksgemeinschaft“ aus der → Schöpfung
7. Die Theologie der Schöpfungsordnungen und Mädchenerziehung
Zu Beginn der zwanziger Jahre stand bei Magdalene von Tiling die bis ins letzte Detail durchdachte geistige Bildung von Mädchen im Vordergrund samt dem Plädoyer für eine den Jungen gleiche Allgemeinbildung (vgl. Tiling, 1921). Ablehnend stand Magdalene von Tiling der geplanten Koedukation gegenüber. Das bei Magdalene von Tiling zunächst breit angelegte Bildungskonzept für Mädchen reduzierte sich Ende der 1920er und Anfang der 1930er Jahre zunehmend auf die Überlegung zum Erwerb praktisch-hauswirtschaftlicher und pflegerischer Kenntnisse der Mädchen. Dabei lassen sich Veränderungen in der Terminologie verzeichnen. Statt Mädchenbildung hieß es nun: Mädchenerziehung. Ausgehend von der in ihrem Verständnis nach schöpfungsmäßigen Verschiedenheit der Geschlechter ging es Magdalene von Tiling darum, die Mädchen auf ihr spezielles „Sein“ hin zu erziehen und das Gebundensein an andere Menschen, Volk und Staat bewusst zu machen. Ihr Projekt favorisierte die Erziehung der Mädchen in den Staat als vorgegebene Schöpfungsordnung. Hier zeigte sich zugleich eine Affinität zur nationalsozialistischen Mädchenerziehung. Die Erziehung war ausgerichtet auf den Staat, der wiederum für den Zusammenhalt der Ordnungen sorgen und die gegenseitige Anerkennung der Geschlechter und deren Dienst aneinander garantieren sollte. Ziel einer neuen Pädagogik sollte die Erziehung in die Schöpfungsordnung sicherstellen, um damit die Grundlage zur neuen Volksgemeinschaft bereitzustellen.
8. Die Theologie der Schöpfungsordnungen und die Neukonzeption einer „wissenschaftlichen Pädagogik auf reformatorischer Grundlage“
Auch im Rahmen des Verständnisses von Religionsunterricht führte die neulutherische Theologie der Schöpfungsordnungen zu einer Neukonzeption. Zu Beginn der Weimarer Republik war Magdalene von Tiling eine Hauptverfechterin der Bekenntnisschulen. Als sich diese nicht durchsetzen ließen, weil die Weimarer Republik ihre Werteneutralität betonte, beteiligte sie sich an den schulpolitischen Debatten um die Richtlinien des Religionsunterrichts in Preußen als Abgeordnete der DNVP und Mitglied des Vorstandes des evangelischen Reichsausschusses der DNVP. Sie plädierte für einen evangelischen Religionsunterricht als „biblischchristliche Erziehung zur Gesundung des deutschen Volkes“ (Tiling, 1923, 13). 1926 war sie Mitbegründerin der „Evangelischen Schulvereinigung“, in deren Ausschuss sie bis 1930 tätig war. Das Gremium verfolgte das Ziel, evangelische Privatschulen und deren Belange gegenüber Behörden und öffentlichen Körperschaften zu unterstützen. Zudem publizierte sie bis Mitte der zwanziger Jahre in den von Otto Eberhard, einem führenden religionspädagogischen Reformer im Bereich der Arbeitsschule, herausgegebenen Sammelbänden über arbeitsschulmäßigen Religionsunterricht. Sie beteiligte sich an der Ausarbeitung reformpädagogischer Methoden für den Religionsunterricht und beschäftigte sich in der Auseinandersetzung mit der Pädagogik „vom Kinde aus“ mit der Frage, welche Stellung dem Kind (→ Kinder/Kindheit
Zugleich und dem Verband angegliedert entsteht der „Arbeitsbund für Pädagogik auf reformatorischer Grundlage“, womit das pädagogische Programm Magdalene von Tilings Ende der Weimarer Republik benannt ist: Es ging um eine neue Grundlegung der gesamten Pädagogik aus lutherisch-reformatorischer Sicht. Im Vordergrund stand schöpfungstheologisch der erste Artikel: Als Schöpfer und Erhalter der sündigen Menschen bewahrt Gott vor Bindungslosigkeit, Überheblichkeit und chaotischen sozialen Folgen kraft der gottgewollten weltlichen Ordnungen, die anerkannt werden müssen. Pädagogik habe die Aufgabe, alle Menschen diese Ordnungen in der Wirklichkeit erkennen und nach diesen Anforderungen handeln zu lehren. Für Magdalene von Tiling gab es daher keine Trennung mehr zwischen allgemeiner Pädagogik und Religionsunterricht. Dies verdeutlicht der programmatische Titel des 1932 erschienenen Werkes „Grundlagen pädagogischen Denkens“. Der erste Teil bemüht sich um eine Darstellung der „Wirklichkeit“ der für alle Menschen erfahrbaren Ordnungen, den Beziehungsgefügen. Erst im zweiten Teil werden die schöpfungstheologischen Prämissen vorgestellt. Die pädagogische Konzeption sollte eine allgemeine und eine allgemein nachvollziehbare sein. „Niemals darf der Christ vorgeben, irgend etwas durch den Glauben oder durch das Evangelium bekommen zu haben, was der andere Mensch ohne den Glauben genauso gut wissen kann“ (Tiling 1932, 221). Hier ist die Absage an eine „evangelische Pädagogik“ vollzogen. Es entsprach dem Anliegen Magdalene von Tilings, die mit ihren pluralen Wertvorstellungen auseinanderfallende Gesellschaft zusammenzufügen, indem sie, wie sie meinte, auf eine für alle Menschen erfahrbare Basis zurückgriff.
9. Pädagogik der Altersstufen
Magdalene von Tiling begrüßte zunächst den nationalsozialistischen Staat (→ Kirche im Nationalsozialismus
Sie beschäftige sich in den 1930er und 1940er Jahren mit den „Altersstufen im menschlichen Leben“, die sie dann in den fünfziger Jahren zu einem breit ausgearbeiteten Entwurf einer „Pädagogik der Altersstufen“ ausarbeitete (Tiling 1936; 1955). Da die nationalsozialistische Ideologie in jeglicher Hinsicht eine hierarchische Trennung verfolgte, sei es mit Blick auf vermeintliche Rassenzugehörigkeit oder Geschlecht, und auch die Generationen voneinander lösen wollte, kann die Beschäftigung mit den Altersstufen, die von Tiling als nunmehr knapp 60-Jährige vornahm, als eine Auseinandersetzung mit dieser NS-Ideologie interpretiert werden. Auch die Altersstufen bezeichnet sie als Schöpfungsordnungen, die zu der vom Schöpfer gegebenen Existenz gehörten. Jeder Altersstufe gebühre ihre Anerkennung und Ehre. Diese wurde von der nationalsozialistischen Jugendideologie verweigert.
Nach 1945 nahm Magdalene von Tiling ihre theologische und pädagogische Arbeit wieder auf. Von 1945 bis Mitte der fünfziger Jahre war sie als Dozentin an verschiedenen Ausbildungseinrichtungen des Johannesstifts in Spandau tätig: 1946 bis 1956 an der Schwesternhochschule der Diakonie in Berlin, von 1946 bis 1952 an der sozialen Frauenschule der Inneren Mission in Berlin und später in der Katechetenausbildung der Berliner Kirche. In dieser Zeit entstanden vier weitere Schriften, in denen sie ihre „Pädagogik der Altersstufen“ weiterentwickelte und neben dem „Verhältnis der Geschlechter“ die „Ordnung der Generationen“ weiter ausarbeitet. Als der Religionsunterricht in der DDR Aufgabe der Kirchen wurde, beteiligte sie sich seit 1950 gemeinsam mit Oberkirchenrat Oskar Ziegner an der Ausarbeitung der Lehrpläne für eine „Christenlehre“. Am 11. April 1957 erhielt sie das große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. Magdalene von Tiling starb am 28. Februar 1974 im Alter von 96 Jahren in München.
Literaturverzeichnis
1. Quellen
- Tiling, Magdalene von, Zur Mädchenschulreform. Die deutsche Oberschule, Berlin 1921.
- Tiling, Magdalene von, Erziehung zu kirchlichem Bewusstsein und kirchlicher Gemeinschaft, Langensalza 1923.
- Tiling, Magdalene von, Einheitsfront Evangelischer Frauen, in: Nachrichtenblatt der Vereinigung evangelischer Frauenverbände Deutschlands 4 (1924) 2, 1.
- Tiling, Magdalene von, Die neue Stellung der Frau zur Volksgemeinschaft, Leipzig 1925.
- Tiling, Magdalene von, Grundlagen pädagogischen Denkens, Stuttgart 1932.
- Tiling, Magdalene von, Die Altersstufen im menschlichen Leben, Stuttgart 1936, 1955.
2. Weitere Literatur
- Herkenrath, Liesel-Lotte, Politik, Theologie und Erziehung. Untersuchungen zu Magdalene von Tilings Pädagogik, Heidelberg 1972.
- Kaufmann, Doris, Frauen zwischen Aufbruch und Reaktion. Protestantische Frauenbewegung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, München 1988.
- Roggenkamp-Kaufmann, Antje, Magdalene von Tiling, in: Hauschild, Wolf-Dieter (Hg.), Profile des Luthertums: Biographien zum 20. Jahrhundert, Gütersloh 1998, 721-741.
- Schneider-Ludorff, Gury, Magdalene von Tiling (1877-1974), Pädagogik und Geschlechterbeziehungen, in: Pithan, Annebelle (Hg.), Religionspädagoginnen des 20. Jahrhunderts, 20-39.
- Schneider-Ludorff, Gury, Magdalene von Tiling, Ordnungstheologie und Geschlechterbeziehungen, Göttingen 2001.
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