Chirbet el-Marǧame
Andere Schreibweise: Chirbet el-Marjame
(erstellt: Januar 2016)
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1. Lage
Chirbet el-Marǧame bietet die Ruinen einer gut befestigten eisenzeitlichen Stadt, die 5km östlich des Ǧebel el ‘Aṣūr (mit der Ortslage → Baal Hazor
Neben der strategisch günstigen Lage ist für den Ort die südwestlich im Tal befindliche Quelle ‘Ēn es-Sāmīja (Koordinaten: 1551. 1818; N 31° 59' 26'', E 35° 19' 53''
2. Name und Identifikation
Chirbet el-Marǧame bedeutet „Ruine der Steinhaufen“, und tatsächlich springt vor Ort die Fülle der Steinhaufen ins Auge. Unklar bleibt, welche mächtige Stadt hier einst abseits der Verkehrswege gelegen hat.
2.1. Ephraim. Nach 2Sam 13,23
2.2. Baal-Schalischa. Z. Kallai (1971, XXIf) nimmt an, dass die vier Gebiete Schalischa, Schaalim, Jemini und Zuf, in denen → Saul
3. Geschichte
Nach ersten Oberflächenuntersuchungen von Albright 1923 und Kallai 1968 wurden auf Chirbet el-Marǧame unter der Leitung von A. Mazar 1975 und 1978 Grabungen durchgeführt sowie unter Leitung von M. Zohar 1979/80 eine Sondierung im Bereich der Quelle.
Nach dem Keramikbefund war Chirbet el-Marǧame in der Frühbronzezeit II-III, der Mittel- und Spätbronzezeit, der Eisenzeit I und II sowie der hellenistischen, römischen und byzantinischen Zeit besiedelt (Finkelstein / Lederman / Bunimovitz, 732-734; The West Bank and East Jerusalem Searchable Map
3.1. Bronzezeit. Der Ort war, wie vereinzelte Funde zeigen, schon in der Frühbronzezeit II und dann wieder in der Mittelbronzezeit II eine befestigte Stadt. In der Spätbronzezeit dehnte sich die Stadt aus, war jedoch nicht befestigt.
3.2. Eisenzeit II. Im Anschluss an eine Siedlungslücke gab es hier in der → Eisenzeit II
Umgeben war die Stadt von einer auf den Fels aufgesetzten, aus großen Steinblöcken gebauten, massiven Mauer, von der allerdings nur die unterste Steinlage erhalten ist. In dem ausgegrabenen Bereich war sie ca. 4m dick und damit breiter als die gleichzeitigen Mauern von → Megiddo
Während die Stadt im Süden durch den Steilhang und die unmittelbar an dessen Oberkante gesetzte Stadtmauer bestens geschützt war, bedurfte es an der Nordwest-Ecke, dem höchsten Punkt der Stadt, besonderer Maßnahmen, da der Hang dort nach einem natürlichen Graben weiter ansteigt und Feinden eine Anhöhe mit guten Voraussetzungen zum Beschuss der Stadt bietet. Hier fand sich ein Steinpodium, zu dem fünf in den Fels geschlagene Stufen führen und das früher als Kultstätte gedeutet wurde, bei dem es sich aber nach Mazar um den Unterbau eines mächtigen Festungsturms handelt. Er stand aus der Stadtmauer hervor, war wie sie aus großen Felsblöcken gebaut und dürfte sie überragt haben. Der Grundriss war rechteckig, allerdings bildete die stadtauswärts gerichtete, nördliche Schmalseite einen Halbkreis. Im Innern dienten monolithische Pfeiler als Stützen. Der Turm maß ca. 30 x 14,4m und war damit für das eisenzeitliche Israel relativ groß (vgl. z.B. Hazor, Turm 3015/3016, Str. VA, 10 x 7m; → Samaria
In der Stadt finden sich die in Reihen angeordneten Steinhaufen, die dem Ort seinen heutigen Namen gegeben haben. Sie gehen auf massive Gebäude zurück, die einst wohlgeordnet auf dem terrassierten Hang standen. Die Straßenverläufe lassen sich zum Teil noch erahnen.
4. Umgebung
In der unmittelbaren Umgebung von Chirbet el-Marǧame liegt ein Nekropolengebiet mit mehreren Gräberfeldern, das nach den in ihm liegenden Ortslagen Chirbet Sāmīja und Dhahr Mirzbaneh benannt wird (Koordinaten: N 31° 59' 18'', E 35° 20' 00''
Am Osthang von Chirbet el-Marǧame fand sich ein Gebäude der Mittelbronzezeit II, das in der Eisenzeit wiederverwendet wurde. Im Westen von Chirbet el-Marǧame wurden bei Grabungen unmittelbar nördlich der Quelle ‘Ēn es-Sāmīja Siedlungsspuren aus der Früh-, Mittel- und Spätbronzezeit sowie der Eisenzeit II gefunden. Auf einer älteren, vielleicht frühbronzezeitlichen Mauer saß eine Kasemattenmauer der Eisenzeit II mit angrenzender Wohnbebauung (Zohar, 219f).In diesem Bereich hatten sich einst auch Reste einer byzantinischen Kirche (innen 10,5 x 14m) mit einem farbigen Fußbodenmosaik befunden; aus ihr stammt möglicherweise eine Säule mit einer griechischen Inschrift des Jahres 557 n. Chr. (Justinian; Lyon 1907, 47). In der Kreuzfahrerzeit wurde die Kirche renoviert, doch ist von ihr seit dem Ausbau einer Pumpenstation bei der Quelle in den 70er Jahren nichts mehr zu sehen (Pringle, 29).
Literaturverzeichnis
1. Lexikonartikel
- The New Encyclopedia of Archaeological Excavations in the Holy Land, Jerusalem 1993 (‘Ein Samiya and Dhahr Mirzbaneh; Marjameh, Khirbet)
2. Weitere Literatur
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Abbildungsverzeichnis
- Karte zur Lage von Chirbet el-Marǧame © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
- Chirbet el-Marǧame von Südwesten her gesehen. Bild von der Seite www.HolyLandPhotos.org
; mit Dank an © Dr. Carl Rasmussen - Skizze zu Chirbet el-Marǧame und Umgebung. Zu den Gräberfeldern ist nur die ungefähre Zahl der erfassten Gräber angegeben. © public domain; Zeichnung: Klaus Koenen, 2015
- Bronzezeitliche Schachtgräber, deren Kammern beim Bau von Sraße 458 durchschnitten wurden. Bild von der Seite www.HolyLandPhotos.org
; mit Dank an © Dr. Carl Rasmussen
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