• DAS BUCH DER WEISHEIT (DIE WEISHEIT SALOMOS)
  • Weish 2,21-5,16

Verdorbenheit macht blind

21 So reden sie, aber sie täuschen sich! Ihre Verdorbenheit macht sie blind.

22 Sie wissen nichts von Gottes geheimen Absichten; sie rechnen nicht damit, dass er die Frommen belohnt und eine Auszeichnung bereithält für alle, die ihm gehorchen.

23 Gott hat die Menschen für ein unvergängliches Leben geschaffen; nach seinem eigenen Bild, dem Bild des ewigen Gottes, hat er sie gemacht.

24 Erst der Teufel brachte aus Neid den Tod in die Welt; und dem Tod verfallen alle, die auf seiner Seite stehen.

Erste Paradoxie: Das endgültige Schicksal der Frommen und der Gottesleugner

31 Aber die Seelen* der Frommen sind in Gottes Hand geborgen. Keine Qual kann sie mehr erreichen.

2 Von den unverständigen Spöttern werden sie für tot gehalten. Dass sie uns verlassen mussten, wird als ein Unglück betrachtet;

3 es sieht so aus, als seien sie endgültig vernichtet. Aber sie sind im Frieden bei Gott.

4 Nach Ansicht der Menschen traf sie die Strafe Gottes, aber sie starben in der festen Hoffnung auf Unsterblichkeit.

5 Nur für kurze Zeit mussten sie leiden, aber unermessliches Glück wartet auf sie. Gott stellte sie auf die Probe, um zu sehen, ob sie es verdienen, bei ihm zu leben.

6 Wie Gold im Schmelztiegel erprobte er sie, wie ein vollwertiges Brandopfer* nahm er sie an.

7 Wenn er das letzte Gericht hält, werden sie hell aufstrahlen. Sie werden wie Feuerfunken sein, die ein Stoppelfeld in Brand setzen.

8 So werden sie die Völker richten und über sie herrschen und der Herr wird für ewige Zeiten ihr König sein.

9 Dann werden alle, die auf Gott vertraut haben, erkennen, dass er zu seinem Wort steht; und alle, die ihm treu geblieben sind, werden in Liebe mit ihm verbunden sein. Gott wird sich über seine Frommen erbarmen und seine Erwählten reich belohnen.

10 Die Bösen aber, die die Frommen verachtet und dem Herrn den Rücken gekehrt haben, werden die Strafe bekommen, die sie verdient haben.

11 Wer von Weisheit nichts wissen will und alle Ermahnungen in den Wind schlägt, wird unglücklich. Die Hoffnung solcher Menschen ist trügerisch, ihre ganze Mühe vergeblich; sinnlos ist alles, was sie tun.

12 Ihre Frauen sind unverständig und ihre Kinder böse; auf ihrer ganzen Nachkommenschaft liegt ein Fluch.

Zweite Paradoxie: Neubewertung der Kinderlosigkeit

13 Freuen darf sich die kinderlose Frau, die sich nicht mit Schuld befleckt und keine ehebrecherischen Beziehungen unterhalten hat. Wenn Gott Gericht hält, wird sie reich belohnt werden.

14 Freuen darf sich auch der zeugungsunfähige Mann, der kein Unrecht getan und keine schlimmen Anschläge gegen den Herrn ersonnen hat. Für seine Treue wird er eine besondere Belohnung erhalten; er bekommt eine Ehrenstellung im Haus des Herrn.

15 Denn sich um das Gute zu mühen bringt ehrenvolle Frucht, und wer die rechte Einsicht hat, ist wie ein Baum, dessen Wurzeln niemals absterben.

16 Die Kinder der Ehebrecher aber werden ihr Lebensziel nicht erreichen; wer aus einer von Gott verbotenen Verbindung entsprungen ist, muss zuletzt untergehen.

17 Selbst wenn sie ein langes Leben haben, wird ihnen das nichts nützen; sie werden ihre alten Tage in Schande verbringen müssen.

18 Und wenn der Tod sie früher ereilt, sterben sie ohne Hoffnung. Der Tag des Gerichts hat für sie keinen Trost bereit.

19 Das Ende der Menschen, die sich dem Unrecht verschreiben, ist schrecklich.

41 Kinderlosigkeit, die sich mit einem vorbildlichen Leben verbindet, ist besser als der größte Kinderreichtum. Ihr Ruhm ist unvergänglich, bei Gott und bei Menschen steht sie in höchstem Ansehen.

2 Wo es sie gibt, findet sie Nachahmung; wo sie fehlt, entsteht Sehnsucht nach ihr. Bei Gott in der Ewigkeit schreitet sie bekränzt einher, weil sie im Wettkampf um einen unverwelklichen Kampfpreis den Sieg davongetragen hat.

3 Den Menschen aber, die nicht nach Gott fragen, können auch ihre vielen Kinder nichts nützen. Denn die sind wie schlechte Steckreiser, die keine richtige Wurzel treiben und darum keinen festen Stand haben.

4 Sie mögen eine Zeit lang emporschießen und üppige Zweige bilden; aber dann packt sie der Sturm und entwurzelt sie.

5 Noch ehe ihre Äste voll ausgewachsen sind, werden sie ringsum abgeknickt, ihre Früchte bleiben unreif und sind für nichts zu gebrauchen.

6 Kinder aus einer Verbindung, die nach Gottes Gesetz* unrechtmäßig ist, werden vor dem Gericht Gottes zu Zeugen für das schändliche Tun ihrer Eltern.

Dritte Paradoxie: Der frühe Tod des Frommen und das lange Leben der Gottesleugner

7 Wenn ein Mensch, der nach Gottes Geboten lebt, einen frühen Tod erleidet, geht er in die Ruhe bei Gott ein.

8 Alter bringt Ehre, heißt es; aber was wirklich Ehre bringt, misst sich nicht nach der Zahl der Jahre.

9 Verständig sein ist so gut wie graues Haar und ein untadeliges Leben ist so viel wert wie hohes Alter.

10 So wurde einst ein Mann, an dem Gott seine Freude hatte, von ihm aus der Welt hinweggenommen. Weil Gott ihn liebte, holte er ihn aus den Sündern, unter denen er leben musste, heraus.

11 Er wollte verhüten, dass seine gute Gesinnung durch schlechten Einfluss verdorben würde und er der Macht der Verführung zum Opfer fiele.

12 Denn der Reiz, der vom Bösen ausgeht, macht blind für das Gute; der Taumel der Lust betört auch den aufrechten Sinn.

13 Obwohl sein Leben so kurz war, wiegt es ein volles Menschenleben auf.

14 Der Herr hatte Freude an ihm, deshalb nahm er ihn so früh aus dieser bösen Welt*. Die Menschen sahen es, aber sie begriffen es nicht und nahmen es nicht zu Herzen.

15 Sie erkannten nicht, dass Gott sich über seine Erwählten erbarmt und seine Frommen reich belohnt.

16 So kommt es, dass der verstorbene Fromme zum Richter wird für den noch lebenden Spötter, dass die früh vollendete Jugend des Guten das ehrwürdige Alter des Bösen schuldig spricht.

17 Die Menschen, die nicht nach Gott fragen, sehen, wie der Fromme stirbt; aber sie verstehen nicht, was Gott dabei im Sinn hat, sie begreifen nicht, dass der Herr ihn in Sicherheit bringen wollte.

18 Sie sehen es und zucken die Achseln; aber der Herr wird über sie lachen.

19 Wenn sie sterben, wird man ihren Leichen keine Ehre erweisen, in alle Ewigkeit wird man sie in der Totenwelt* verspotten. Der Herr wird den Boden unter ihren Füßen zittern lassen und sie von ihren Sockeln stürzen, dass es ihnen die Sprache verschlägt; sie geraten in äußerste Not, sie müssen Qualen erleiden, sie werden mit all ihren Angehörigen vollständig ausgelöscht.

20 Wenn Gott sie zur Abrechnung über ihre Sünden rufen lässt, werden sie zitternd herbeikommen und ihre Untaten werden ihnen entgegentreten und sie schuldig sprechen.

Die Rede der Gottesleugner im letzten Gericht

51 Dann wird der Fromme furchtlos und voll Zuversicht vor denen stehen, die ihn einst bedrängten und die verachtungsvoll auf sein redliches Mühen herabsahen.

2 Bei seinem Anblick sind sie ratlos, schreckliche Furcht ergreift sie, mit Entsetzen erkennen sie, dass er gegen alle ihre Erwartungen gerettet worden ist.

3 In der Angst ihres Herzens stöhnen sie auf und voll Reue sagen sie zueinander:

4 »Das ist doch der, den wir einst ausgelacht haben, über den wir Spottlieder gesungen haben! Wie haben wir uns getäuscht! Wir hielten ihn für verrückt, weil er ein solches Leben führte, und sein Tod erschien uns als Schande.

5 Und jetzt ist er unter die Söhne Gottes aufgenommen und hat teil an der Herrlichkeit der Engel!

6 Also waren wir auf dem falschen Weg! Wir taten Unrecht, wir tappten im Dunkel, die Sonne ging uns nicht auf.

7 Unermüdlich folgten wir den Wegen, die ins Verderben führen, wir irrten durch weglose Wüsten; aber von dem Weg, den der Herr gewiesen hatte, wollten wir nichts wissen.

8 Was nützte uns unsere Überheblichkeit? Was half uns unser Reichtum, auf den wir uns großsprecherisch verließen?

9 Das alles ist verschwunden wie ein vorüberhuschender Schatten, wie ein Gerücht, das durchs Land eilt.

10 Wenn ein Schiff übers Meer segelt, bleibt danach keine Spur, an der man seinen Weg durch die Wogen erkennen könnte.

11 Wenn ein Vogel vorüberfliegt, hinterlässt er keine sichtbare Bahn; mit seinen Flügeln peitscht er die Luft, mit rauschendem Schlag zerteilt er sie; aber er lässt in ihr kein Zeichen zurück.

12 Wenn ein Pfeil abgeschossen wird, fließt die durchschnittene Luft sofort wieder zusammen und nichts ist zu sehen.

13 So ergeht es auch uns: Wir werden geboren und vergehen; keine Spur von guten Taten lassen wir zurück. Von unserer eigenen Schlechtigkeit werden wir aufgezehrt.«

Schlusswort über das Schicksal der Gottesleugner und der Frommen

14 Ja, die Hoffnung der Menschen, die nicht nach Gott fragen, ist wie Schnee, den der Wind vor sich hertreibt, wie Gischt, die der Sturm zerstäubt, wie Rauch, den der Wind verweht; sie schwindet so rasch wie die Erinnerung an einen Gast, der nur eine Nacht blieb.

15 Auf die Menschen aber, die Gott gehorchen, wartet unvergängliches Leben. Der Herr selbst ist ihr Lohn, der höchste Gott sorgt für sie.

16 Aus seiner Hand werden sie die prächtige Krone, das Zeichen königlicher Würde, empfangen. Denn er wird sie beschützen und bewahren mit seinem starken Arm.