Mit den Wörtern »wahr« und »Wahrheit« bezeichnen wir in der Regel die Übereinstimmung zwischen einer Aussage und dem entsprechenden Sachverhalt. Wir denken also an ein Verhältnis zwischen der Wirklichkeit und unserem Denken bzw. Sprechen über sie.
Nach hebräischer Auffassung ist Wahrheit jedoch eine Eigenschaft, die eine Sache oder Person oder ein Wort selbst hat oder nicht hat. »Wahr« ist etwas, wenn es hält, was es verspricht. »Wahrheit« meint Zuverlässigkeit, also: Beständigkeit und Treue (so wie wir von einem »wahren Freund« oder einem »wahren Wort« sprechen).
Diese Art von »Wahrheit« kommt vor allem Gott zu. Entsprechend ist auch die Botschaft von Gott wahr, sofern darin die Liebe Gottes bekannt gemacht wird, die uns aus Schuld und Tod rettet (Epheser 1,13; Kolosser 1,5; 2. Thessalonicher 2,10-12).
Vor allem im Johannesevangelium und in den Johannesbriefen spielt das Wort »Wahrheit« eine große Rolle. Es bezeichnet die Wirklichkeit Gottes, die Jesus den Menschen zugänglich macht. Sie erfahren diese Wirklichkeit als »Freiheit« (Johannes 8,31-32), »Licht« (Johannes 3,21) und »Leben« (Johannes 14,6). Aber sie ist nur denen einsichtig, die bereits von ihr ergriffen sind (Johannes 18,37-38). Nach dem Tod und der Auferstehung von Jesus bleibt die »Wahrheit« durch den Geist Gottes den Menschen zugänglich, die sich zu Jesus bekennen (Johannes 16,12-15). Deshalb wird der Heilige Geist auch »Geist der Wahrheit« genannt (Johannes 14,16-17; Johannes 15,26). Sie soll das Leben der Glaubenden ganz und gar durchdringen und ihr Handeln bestimmen (Johannes 4,23-24; 1. Johannes 1,6-8; 1. Johannes 2,4).