Jesaja wirkte um 700 v. Chr. als Prophet und verkündete den Menschen den Willen Gottes. Nach allem, was wir seinem Auftreten entnehmen können, stand er dem königlichen Hof in Jerusalem sehr nahe. Er ist über die politischen Vorgänge, ja über geheime diplomatische Missionen bestens informiert (Jesaja 18; Jesaja 39). Man hat vermutet, dass er ein Angehöriger des Königshauses gewesen ist; zumindest hat er zur führenden Schicht Jerusalems gehört.
Jesaja lebte und wirkte in Jerusalem, der Hauptstadt des Reiches Juda, zwischen 736 (oder 739) und 701 v. Chr. Während dieser Zeit begann das Assyrische Reich seine Macht im Westen bis zum Mittelmeer und im Süden zeitweilig bis nach Ägypten auszudehnen. Zusammen mit den übrigen Kleinstaaten des östlichen Mittelmeerraumes war auch Juda von dieser Politik betroffen. Zunächst versuchte es sich dadurch zu retten, dass es die assyrische Oberherrschaft anerkannte. Später ließ es sich durch die Philister und Ägypter in antiassyrische Bündnisse hineinziehen.
Die Botschaft Jesajas gegenüber all diesen Absicherungsversuchen ist das uneingeschränkte Nein Gottes: Gott selbst wird dafür sorgen, dass der Tempelberg in Jerusalem unangetastet bleibt (Jesaja 31,4-5). Sein Volk soll sich nicht auf eine letztlich doch vergebliche Bündnispolitik einlassen, sondern im Vertrauen auf Gottes Zusage stillhalten und ihn handeln lassen. Doch das Volk und seine Herrscher hören nicht auf Jesaja. Und so steht am Ende der Wirksamkeit Jesajas das Land kurz vor der Katastrophe: Ganz Juda ist in der Hand der Assyrer, Jerusalem von deren Heer eingeschlossen. Jetzt, da dem König gar keine andere Wahl mehr bleibt, als auf Gottes Hilfe zu hoffen, wird die Stadt in letzter Stunde gerettet (Jesaja 36–38).
Man hat Jesaja den Propheten des Heiligen genannt. Wie kein zweiter verkündete er die Heiligkeit und Majestät Gottes, die ihm bei seiner Berufung (Jesaja 6) in überwältigender Weise bewusst geworden war. Angesichts dieser Heiligkeit musste das Versagen seines Volkes umso schwerwiegender erscheinen. Im Auftrag Gottes klagt Jesaja die sozialen Missstände seiner Zeit an. Zugleich wendet er sich deutlich gegen das, was die Menschen aus den Gottesdiensten gemacht haben, die zu Äußerlichkeiten verkommen waren.