201Es tadelt einer oft seinen Nächsten zur
Unzeit, doch wäre es klüger, wenn er schwiege. 2Es ist besser, offen zu tadeln, als heimlich zu grollen; 3und wer’s mit Dank annimmt, dem bringt’s Nutzen. 4Wer mit Gewalt ein Urteil erzwingen möchte, der ist
wie ein Eunuch, der eine Jungfrau schänden will. 5Der eine
schweigt und wird deshalb für weise gehalten; der andere macht sich unbeliebt, weil er viel redet. 6
Der eine schweigt, weil er nichts zu antworten weiß; der andere aber schweigt und wartet auf seine Zeit. 7Ein weiser Mann schweigt, bis er seine Zeit gekommen sieht; aber ein Prahler und Narr achtet nicht auf die rechte Zeit. 8Wer
viele Worte macht, wird verabscheut; und
wer auf seinem Recht besteht, macht sich verhasst. [Wie gut, wenn jemand getadelt wird und Reue zeigt, so wird er mutwillige Sünde vermeiden.]
9Manches Unglück führt einen zum Guten, und mancher Gewinn führt zum Schaden. 10Manche Gaben bringen keinen Gewinn; andere dagegen werden doppelt vergolten. 11Mancher, der in hohem Ansehen steht, fällt tief; und mancher, der erniedrigt ist, kommt empor. 12Mancher kauft zunächst viel für wenig Geld; aber nachher muss er’s siebenfach bezahlen.
13Ein weiser Mann macht sich mit wenigem beliebt, aber was Narren schenken, hat keinen Wert. 14Das Geschenk des Narren wird dir nichts nützen; [auch nicht das eines Neiders, weil er etwas dafür erwartet,] denn mit einem Auge gibt er und mit sieben Augen sieht er, was er dafür bekommt.20,14 Mit Luther wird hier die lateinische Texttradition aufgenommen. 15Er gibt wenig und hält es einem vielfach vor und schreit’s aus wie ein Ausrufer. Heute leiht er, morgen will er’s wiederhaben. Das sind widerwärtige Leute.
16Der Narr klagt: »Niemand ist mein Freund; niemand dankt mir für meine Wohltaten. Sie essen mein Brot und reden schlecht von mir.« 17Wie oft und von wie vielen wird er verspottet! [Denn mit seinem Besitz ist er nicht in rechter Weise umgegangen. Selbst nichts zu besitzen, ist ihm gleichgültig.]
18Besser, es kommt einer auf schlüpfrigem Boden zu Fall als
durch sein Reden; so geht’s den Bösen: Plötzlich müssen sie fallen. 19Ein grober Mensch fällt auf durch unpassende Reden; im Munde unerzogener Leute sind sie gang und gäbe. 20Auch wenn ein Narr etwas Richtiges sagt, so findet es doch keinen Anklang; denn er
sagt es nicht zur rechten Zeit.
21Manchen hindert nur seine Armut daran, Böses zu tun; kommt er zur Ruhe, so hat er kein schlechtes Gewissen. 22Mancher setzt sein Leben aufs Spiel aus Furcht vor Schande; aber um törichter Leute willen verliert er es. 23Mancher macht aus Scham seinem Freund Versprechungen und macht ihn sich grundlos zum Feind.
24Die
Lüge ist ein hässlicher Schandfleck an einem Menschen; im Munde unerzogener Leute ist sie gang und gäbe. 25Schlimmer als ein Dieb ist ein Mensch, der ständig lügt; aber zuletzt werden sie beide untergehen.
26Ein verlogener Mensch ist ehrlos, und sein schändliches Verhalten hört nicht auf.
27Ein weiser Mann bringt sich mit wenigem zu Ehren, und ein kluger Mann gefällt den Mächtigen. 28Wer
einen Acker fleißig bebaut, vermehrt seine Ernte; und wer dem Mächtigen gefällt, kann Unrecht gutmachen.
29Geschenke und Gaben machen die Augen der Weisen blind. Sie sind wie ein Zaum im Maul, sodass sie niemand mehr zurechtweisen können.
5. Mose 16,19
30Verborgene Weisheit und ein vergrabener Schatz, was nützen sie beide?
Mt 13,44
31Besser ein Mensch, der seine Torheit verbirgt, als einer, der seine Weisheit verheimlicht. 32[Besser unbeirrte Geduld bei der Suche nach dem Herrn, als ein unbeherrschter Wagenlenker des eigenen Lebens zu sein.]