König Salomo – nur ein sterblicher Mensch ...
1Ich bin ein sterblicher Mensch wie alle anderen, ein Nachkomme des ersten, aus Erde geformten Menschen. Im Leib meiner Mutter wurde ich gebildet, 2neun Monate lang; zusammengeronnen bin ich aus dem Blut der Mutter und dem Samen eines Mannes, die sich in Liebeslust vermischten. 3Wie alle Neugeborenen lag ich auf der Erde, ich sog die Luft ein, die wir alle atmen, und wie bei jedem Menschen war mein erster Laut ein Weinen. 4Ich wurde in Windeln gewickelt und war ganz auf die Fürsorge anderer angewiesen. 5Auch ein König kam noch nie anders auf die Welt. 6Alle Menschen treten auf dieselbe Weise ins Leben und alle verlassen es auch wieder auf dieselbe Weise.
... doch von Gott mit Einsicht beschenkt ...
7Deshalb betete ich um Einsicht und sie wurde mir geschenkt; ich rief zu Gott und er sandte mir Weisheit. 8Sie war mir willkommener als Zepter und Königsthron; Reichtum war mir nichts verglichen mit ihr. 9Der kostbarste Edelstein erschien mir wertlos neben ihr; Gold kam mir ihr gegenüber vor wie gewöhnlicher Sand und Silber wie Straßenstaub. 10Ich schätzte sie mehr als Gesundheit und Schönheit; ich zog sie sogar dem Sonnenlicht vor, denn sie strahlt in einem Glanz, der nie erlöscht.
11Zusammen mit der Weisheit aber wurden mir alle Reichtümer geschenkt; denn sie teilt unermessliche Schätze aus. 12Ich hatte Freude an allen Dingen, weil sie im Gefolge der Weisheit zu mir kamen; ich wusste aber noch nicht, dass die Weisheit sie auch hervorgebracht hatte.
13Selbstlos erwarb ich mir Weisheit, neidlos gebe ich sie weiter. Ihren Reichtum verstecke ich nicht; 14denn sie ist ein unerschöpflicher Schatz für alle Menschen. Wer ihn erwirbt, erwirbt zugleich die Freundschaft mit Gott, weil ihn die Früchte seiner Erziehung bei Gott empfehlen.
... und dazu befähigt, Lehrer der Weisheit zu sein
15Ich bitte Gott, dass er mich fähig macht, einsichtsvoll zu reden und so zu denken, wie es den Gaben entspricht, die mir verliehen sind. Denn er zeigt der Weisheit die Wege und weist die Weisen zurecht, wenn sie irren. 16In seiner Hand sind wir selbst und unsere Worte, unsere Einsichten und praktischen Fähigkeiten.
17Er gab mir zuverlässiges Wissen über alle Dinge: über den Aufbau der Welt und das Wirken der Elemente, 18über Anfang, Mitte und Ende der Zeiten, über die Bahn der Sonne und den Wechsel der Jahreszeiten, 19den Kreislauf des Jahres und den Stand der Gestirne, 20über das Wesen der Tiere und die Wildheit der Raubtiere, die Macht der Geister und die Gedanken der Menschen, die Unterschiede der Pflanzen und die Heilkraft ihrer Wurzeln. 21Ich weiß nicht nur das Offenbare, sondern auch das Verborgene; denn die Weisheit, die alle Dinge geformt hat, hat es mich gelehrt.
Preislied auf die göttliche Weisheit
22Die Weisheit ist vernünftig und heilig. Sie ist einzig in ihrer Art und doch vielfältig, fein und beweglich, durchsichtig, fleckenlos und klar. Niemand kann ihr etwas anhaben. Sie liebt das Gute und durchschaut alles. 23Nichts kann sie hindern. Sie erweist den Menschen Wohltaten und meint es gut mit ihnen. Sie ist fest und unerschütterlich und genügt sich selbst. Sie kann alles, sie sieht alles; sie durchdringt alle denkenden Geister, so fein sie sind.
24Die Weisheit ist schneller als alles und so rein und fein, dass sie durch alles hindurchgehen kann. 25Denn sie ist ein Hauch, der von dem allmächtigen Gott ausgeht, ein reiner Ausfluss seiner Herrlichkeit; deshalb kann nichts Unreines in sie eindringen. 26Sie ist der Abglanz des ewigen Lichtes, der ungetrübte Spiegel von Gottes Macht, das Abbild seiner Vollkommenheit. 27Sie ist nur eine und kann doch alles; selbst unwandelbar, erneuert sie alle Dinge.
In jeder Generation nimmt sie Wohnung in heiligen Seelen und macht Menschen zu Vertrauten Gottes und zu Propheten. 28Nur wer in engster Verbindung mit ihr lebt, wird von Gott geliebt.
29Die Weisheit leuchtet herrlicher als die Sonne und steht höher als jeder Stern; sie übertrifft sogar das Tageslicht. 30Denn auf den Tag folgt die Nacht; aber über die Weisheit hat das Böse keine Macht.