Gott lässt dem Menschen keine Hoffnung
1Was ist der Mensch, von einer Frau geboren?
Sein Leben ist nur kurz, doch voller Unrast.
2Wie eine Blume blüht er und verwelkt,
so wie ein Schatten ist er plötzlich fort.
3Und trotzdem lässt du ihn nicht aus den Augen,
du ziehst ihn vor Gericht, verurteilst ihn!
4Du musst doch wissen, dass er unrein ist,
dass niemals etwas Reines von ihm ausgeht!
5Im Voraus setzt du fest, wie alt er wird,
auf Tag und Monat hast du es beschlossen.
Du selbst bestimmst die Grenzen seines Lebens,
er kann und darf sie niemals überschreiten.
6Darum blick weg von ihm, lass ihn in Ruhe
und gönne ihm sein bisschen Lebensfreude!
7Für einen Baum gibt es noch eine Hoffnung:
Wenn man ihn fällt, dann schlägt er wieder aus.
8Selbst wenn die Wurzeln in der Erde altern,
der Stumpf im Boden abstirbt und verdorrt –
9er muss nur ein klein wenig Wasser spüren,
dann treibt er wieder wie ein junges Bäumchen.
10Doch stirbt ein Mensch, so ist es mit ihm aus.
Wenn er gestorben ist, wo bleibt er dann?
11Vielleicht geschieht’s, dass Ströme nicht mehr fließen,
dass auch das Wasser aus dem Meer verschwindet;
12doch tote Menschen stehen nicht mehr auf,
sie werden nie aus ihrem Schlaf erwachen.
Noch eher stürzt der ganze Himmel ein!
13Verbirg mich doch dort unten bei den Toten,
versteck mich, bis dein Zorn vorüber ist!
Bestimme doch, wie lang ich warten muss,
bis du mir deine Güte wieder zeigst.
14Doch kommt ein Toter je zurück ins Leben?
Ich hielte gerne diese Qualen aus,
wenn ich auf bessere Zeiten hoffen könnte.
15Du würdest rufen, ich dir Antwort geben.
Du würdest wieder Freude an mir haben
und daran denken, dass ich dein Geschöpf bin.
16Du würdest alle meine Schritte zählen,
doch keine Liste meiner Sünden führen.
17Für immer würdest du die Schuld verschließen,
du decktest alle meine Fehler zu.
18Jedoch auch Berge stürzen ein, zerfallen,
und Felsen rücken fort von ihrer Stätte;
19das Wasser kann den harten Stein zerreiben,
Sturzregen schwemmt den Ackerboden fort.
So lässt du unsere Hoffnung untergehen!
20Du zwingst den Menschen nieder mit Gewalt,
machst seine Züge starr und fremd im Tod
und schickst ihn fort – er kommt nie mehr zurück.
21Wenn seine Kinder hier zu Ehren kommen
oder in Schande stürzen, weiß er’s nicht.
22Was er noch fühlt, ist nur die eigene Ohnmacht
und trauern kann er nur noch um sich selbst.«