RETTUNG UND ERNEUERUNG ISRAELS
Der Prophet als Warner
1Das Wort des Herrn erging an mich, er sagte: 2»Du Mensch, sag zu den Leuten aus deinem Volk: ›Der Herr sagt: Angenommen, ich schicke Feinde gegen ein Land und die Männer des Landes haben einen aus ihrer Mitte zum Wächter bestellt, der drohende Gefahren melden soll. 3Wenn dieser Wächter die Feinde kommen sieht, hat er die Pflicht, das Alarmhorn zu blasen und die anderen zu warnen.
4Wenn jemand das Alarmsignal hört, sich aber nicht warnen lässt und deshalb umkommt, dann trägt die betreffende Person allein die Schuld. 5Sie ist gewarnt worden, aber hat die Warnung in den Wind geschlagen. Hätte sie die Warnung ernst genommen, so wäre sie mit dem Leben davongekommen.
6Anders ist es, wenn der Wächter es versäumt hat, Alarm zu blasen und die Leute zu warnen. Wenn dann jemand durch Feinde umgebracht wird, ereilt die betreffende Person damit zwar die Strafe für das Unrecht, das sie begangen hat; aber den unzuverlässigen Wächter ziehe ich zur Rechenschaft wie für einen Mord.‹
7Du Mensch, dich habe ich als Wächter bestellt, der die Leute von Israel vor drohender Gefahr warnen soll. Wenn du eine Botschaft von mir vernimmst, musst du sie ihnen weitersagen, damit sie wissen, was auf sie zukommt. 8Wenn ich dir ankündige, dass ein bestimmter Mensch wegen seiner schlimmen Taten sterben muss, dann bist du dafür verantwortlich, dass er gewarnt wird. Versäumst du es, so wird er zwar sterben, wie er es verdient; aber dich ziehe ich dafür zur Rechenschaft wie für einen Mord. 9Warnst du ihn, aber er hört nicht darauf, so wird er ebenfalls sterben, wie er es verdient hat; aber du hast dein Leben gerettet.
10Du Mensch, sag zu den Leuten von Israel: ›Ihr habt allen Mut verloren und klagt: Unsere Schuld ist zu groß, an den Folgen unserer Verfehlungen gehen wir zugrunde, wir haben keine Zukunft mehr! 11Aber der Herr, der mächtige Gott, sagt: So gewiss ich lebe, mir macht es keine Freude, wenn ein Mensch wegen seiner Vergehen sterben muss. Nein, ich freue mich, wenn er seinen falschen Weg aufgibt und am Leben bleibt. Darum kehrt um, kehrt schleunigst um! Warum wollt ihr in euer Verderben laufen, ihr Leute von Israel?‹
12Du Mensch, sag auch das zu den Leuten aus deinem Volk: ›Wenn ein rechtschaffener Mensch anfängt, Unrecht zu tun, dann nützt ihm seine ganze frühere Rechtschaffenheit nichts – sie kann ihm nicht das Leben retten. Und wenn ein verbrecherischer Mensch anfängt, das Rechte zu tun, dann schaden ihm alle seine früheren Vergehen nichts – sie können ihn nicht das Leben kosten. 13Wenn ich einem rechtschaffenen Menschen zusichere: Du wirst am Leben bleiben!, und er denkt: Nun bin ich sicher!, und beginnt Unrecht zu tun, dann zählt sein ganzer vorbildlicher Lebenswandel nicht mehr; weil er Unrecht getan hat, muss er sterben. 14Und wenn ich zu einem verbrecherischen Menschen sage: Du musst sterben!, und er wendet sich vom Unrecht ab, 15gibt dem armen Schuldner sein Pfand zurück, erstattet, was er widerrechtlich an sich gebracht hat, und hält sich an die Weisungen, die zum Leben führen, dann muss er nicht sterben. 16Alles Unrecht, das er früher getan hat, zählt dann nicht mehr. Weil er jetzt das Rechte tut, soll er am Leben bleiben.
17Ihr Leute von Israel behauptet: Der Herr tut uns Unrecht! Aber ihr selbst tut Unrecht! 18Wenn ein Mensch, der früher vorbildlich gelebt hat, Unrecht zu tun beginnt, muss er dafür sterben. 19Und wenn ein verbrecherischer Mensch sich von seinen Verbrechen abwendet und das Rechte tut, rettet er damit sein Leben. 20Und da sagt ihr: Der Herr tut Unrecht! Nein, jeder bekommt von mir, was er mit seinen Taten verdient hat. Kommt zur Besinnung, ihr Leute von Israel!‹«
Ein Augenzeuge aus Jerusalem
21Im zwölften Jahr unserer Verbannung, am 5. Tag des 10. Monats, kam ein Mann aus Jerusalem zu mir, der den Untergang der Stadt überlebt hatte. Er brachte die Nachricht: »Die Stadt ist gefallen!«
22Am Abend vorher hatte ich gespürt, wie sich die Hand des Herrn schwer auf mich legte. Als aber der Mann am Morgen bei mir eintrat, gab mir der Herr die Sprache wieder. Von da an war meine Zunge gelöst und ich konnte wieder frei reden.
Die falsche Sicherheit der in Juda Zurückgebliebenen
23Das Wort des Herrn erging an mich, er sagte: 24»Du Mensch, die Leute, die in den zerstörten Städten im Land Israel geblieben sind, sagen: ›Abraham war nur einer und Gott gab ihm dieses Land zum Besitz. Wir sind viele, also gehört es uns erst recht!‹
25Darum sag zu ihnen: ›So spricht der Herr, der mächtige Gott: Ihr esst das Fleisch mit dem Blut, betet Götzen an und mordet, und ausgerechnet euch soll ich das Land überlassen? 26Ihr übt Faustrecht, begeht Ehebruch und tut, was mir verhasst ist, und euch soll das Land gehören?‹
27Sag zu ihnen: ›So spricht der Herr, der mächtige Gott: Wer in den Ruinen haust, kommt durchs Schwert um; wer im offenen Land lebt, wird von wilden Tieren zerrissen; wer auf Berge und in Höhlen geflohen ist, stirbt an der Pest. 28Ich mache das Land zur menschenleeren Einöde, ich verwüste seine ganze stolze Pracht. Ich mache die Berge Israels zu einer Wildnis, durch die niemand mehr durchzieht. 29Ihr werdet erkennen, dass ich der Herr bin, wenn ich das Land zur Wüste mache wegen all der abscheulichen Taten, die ihr begangen habt!‹«
Der Prophet und seine Zuhörer
30Der Herr sagte zu mir: »Du Mensch, die Leute aus deinem Volk reden über dich, wenn sie vor ihren Häusern beisammenstehen. Sie sagen zueinander: ›Wir wollen zum Propheten gehen und hören, was der Herr zu ihm gesagt hat!‹ 31Und dann kommen sie scharenweise zu dir, sitzen im Kreis um dich und hören, was du sagst; aber sie nehmen es nicht ernst.
Ihr Mund lobt dich überschwänglich, aber ihr Herz ist nur damit beschäftigt, wie sie sich skrupellos bereichern können. 32Wie eingängige Musik klingen ihnen deine Worte, aber sie denken nicht daran, sie ernst zu nehmen. 33Doch wenn dann deine Ankündigungen eintreffen – und das werden sie mit Sicherheit –, werden sie erkennen, dass ein Prophet unter ihnen gelebt hat.«