Im Wort »Testament« klingt so einiges mit: endgültig, beständig, verbindlich. Leider assoziieren wir aus dem heutigen Gebrauch des Begriffes »Testament« auch, dass ein neues Testament das alte ablöst, ja es sogar ungültig macht. Genau dies trifft aber auf die beiden Testamente der Bibel nicht zu! Im Gegenteil: Die Schriften der Christenheit sind ohne die hebräische Bibel überhaupt nicht denkbar und zum Teil auch nicht zu verstehen.
Einige Beispiele zeigen, wie nahe das »Alte Testament« den christlichen Schriften ist:
Vielen Menschen ist heutzutage das Alte Testament – oder jedenfalls große Teile daraus – kaum noch bekannt. Oft existieren sogar regelrechte Vorurteile dagegen: Es sei voller grausamer Geschichten oder hätte für uns keine Bedeutung mehr, da es durch das Neue Testament überholt sei. Doch diese Vorurteile lösen sich schnell in Luft auf, denn es gibt gute Gründe, warum wir das Alte Testament immer noch oder gerade heute lesen sollten.
Zunächst ist ganz einfach festzuhalten, dass dieses Buch eine Fülle großartiger Texte enthält. Die Lebensweisheit der Urgeschichte, die Liebeslieder des Hohenlieds, das Ringen Hiobs/Ijobs um das Problem des unverdienten Leidens oder die Josefsgeschichte gehören zur Weltliteratur und haben bis in unsere Zeit hinein Schriftsteller und Künstler zu eigenen Werken inspiriert.
Ein weiterer Grund liegt darin, dass uns hier Menschen begegnen, die uns sehr ähnlich sind – mit ihren Stärken und Schwächen, Freuden und Leiden, Hoffnungen und Ängsten, Glauben und Zweifeln. Wir lesen, wie Gott durch solche ganz normalen und unvollkommenen Menschen in der Geschichte am Werk sein kann und wie das Menschenleben dadurch seine unendliche Würde und seinen unverlierbaren Sinn findet.
Aber gerade für uns Christen gibt es noch einen anderen Grund, der die Lektüre des Alten Testaments unverzichtbar macht. In dem Teil der Bibel, den wir das Alte Testament nennen und der die Heilige Schrift des Judentums ist, begegnen wir unseren Vätern und Müttern im Glauben; hier liegt die Wurzel unseres Christseins, ohne die es gar nicht zu verstehen ist:
Deshalb war es nur folgerichtig, dass sich die frühe Kirche dafür entschieden hat, das gesamte Alte Testament als Teil ihrer eigenen heiligen Schriften zu übernehmen.