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Loccumer Richtlinien

Biblische Personennamen und Ortsnamen im ökumenischen Gebrauch

Die Loccumer Richtlinien enthalten Regeln, nach denen sich die biblischen Eigennamen der hebräischen und griechischen Grundtexte einheitlich in die deutsche Sprache übertragen lassen. Sie gehen auf eine Initiative der katholischen und evangelischen Kirche in Deutschland zurück. Der Entwurf zu den Richtlinien wurde von Pastor Klaus Dietrich Fricke und Pater Dr. Benedikt Schwank OSB erarbeitet und 1967 auf einer Sitzung im Kloster Loccum angenommen. Daher stammt auch die Bezeichnung »Loccumer Richtlinien«.

Auf dieser Grundlage hat die Gemeinsame Übersetzerkommission der Einheitsübersetzung
die Richtlinien weiterentwickelt und in der Praxis erprobt. Dem Ergebnis haben die Deutsche Bischofskonferenz und der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland 1970 zugestimmt (1. Auflage, Stuttgart 1971).

In der Folge wurden noch einige Regeln präzisiert und einige Namensformen verändert. Auf Antrag der evangelischen Seite wurde beschlossen, bei neun Namen die Schreibweise der revidierten Lutherbibel von 1984 in die Einheitsübersetzung zu übernehmen (Loccumer Richtlinien, Abschnitt D »Sonderregelung«). Außerdem wurden auch Regeln zur Aussprache und Betonung der Eigennamen festgelegt (Loccumer Richtlinien, Abschnitt F »Richtlinien für die Betonung biblischer Eigennamen«). Diese heute gültige Fassung der Richtlinien wurde 1979 verabschiedet (2. Auflage, Stuttgart 1981).

Die Loccumer Richtlinien finden Sie hier.

Ökumenisches Verzeichnis der biblischen Eigennamen (ÖVBE)

Nach den Loccumer Richtlinien wurde das Ökumenische Verzeichnis der biblischen Eigennamen angefertigt. In ihm sind alle in der Bibel vorkommenden Personen- und Ortsnamen mit der festgelegten Schreibweise aufgeführt und mit einem Betonungszeichen versehen (ein Punkt unter dem Vokal der betonten Silbe). Bei Eigennamen mit zwei unmittelbar aufeinander folgenden Vokalen, die aber getrennt ausgesprochen werden, wird bei weniger bekannten Namen ein Trema gesetzt (ein doppelter Punkt über dem zweiten Vokal, z.B. Paltiël).

Der ökumenischen Schreibweise folgen die Einheitsübersetzung und die Gute Nachricht Bibel. Auch die Revision der Lutherbibel von 1984 und 2017 orientiert sich weitgehend am Ökumenischen Verzeichnis. Sie nimmt jedoch darauf Rücksicht, dass eine Reihe von deutschen Namensformen durch die Lutherübersetzung geprägt wurden und seitdem in der Luthertradition fest verwurzelt sind. Deshalb hat sie ca. 150 Ausnahmen zugelassen, die in der Lutherbibel in einem Anhang »Zur Schreibung der Eigennamen« aufgeführt sind (z.B. Hiob statt Ijob, Golgatha statt Golgota). Auch moderne Bibelübersetzungen wie z.B. die Neues Leben Bibel, die BasisBibel oder die Neue Genfer Übersetzung folgen weitgehend der ökumenisch vereinbarten Schreibweise.

Das Ökumenische Verzeichnis der biblischen Eigennamen hat nicht nur das Ziel, die Schreibweise in deutschen Bibelübersetzungen zu vereinheitlichen. Es richtet sich auch an Verlage und Redaktionen und möchte dazu beitragen, dass in Literatur und Presse eine einheitliche Schreibweise verwendet wird. Darüber hinaus sollen die Hinweise zur Aussprache und Betonung dazu helfen, dass biblische Eigennahmen in Rundfunk, Fernsehen und Podcast korrekt ausgesprochen werden.

Literaturhinweis: Hellmut Haug (Hg.), Namen und Orte der Bibel. Mit den Loccumer Richtlinien zur Schreibung biblischer Eigennamen im Anhang, Stuttgart 2002.

Zukunft der ökumenischen Regelungen

Die Loccumer Richtlinien sowie das ökumenische Namensverzeichnis haben sich im Großen und Ganzen gut bewährt. Ihr Ziel einer Vereinheitlichung der Schreibweisen biblischer Eigennamen haben sie in beachtlichem Maß erreicht. Das nunmehr fast 50 Jahre alte Regelwerk wird darum auch weiterhin Gültigkeit haben. Seine Anwendung hat aber auch eine Reihe offener Fragen zum Vorschein gebracht. Sie empfehlen eine erneute ökumenische Durchsicht der Richtlinien und eine Aktualisierung des Verzeichnisses.

Ein Beispiel wäre die Schreibweise des bekannten persischen Königs Kyros, für den das Ökumenische Verzeichnis die lateinische Namensform »Kyrus« empfiehlt. Im Blick auf die Regierungszeit des Kyros (559–530 v. Chr.) ist die Verwendung des lateinischen Namens allerdings anachronistisch, weil lateinische Namensformen erst mit dem wachsenden Einfluss des römischen Reiches im Vorderen Orient (etwa ab dem 1. Jahrhundert v. Chr.) in Gebrauch kamen. In den antiken Quellen wird der Perserkönig dagegen immer mit seinem griechischen Herrschernamen Kyros genannt. Und dieser Sprachgebrauch ist auch heute durchgängig in der Geschichtswissenschaft oder der Archäologie (z.B. Kyros-Zylinder) anzutreffen (vgl. Lexika, Wikipedia). Damit unterscheidet sich der normale Namensgebrauch »Kyros« von seiner bibelsprachlichen Sonderform »Kyrus«. Dieser Unterschied ließe sich durch eine einfache und plausible Regel aufheben: Herrschernamen der persischen und hellenistischen Epoche werden in der üblichen griechischen Namenform wiedergegeben (z.B. Kyros, Dareios), Herrschernamen der römischen Epoche werden in der üblichen lateinischen Namensform wiedergegeben (z.B. Pilatus). Diese Regelung würde im Übrigen auch zu den Loccumer Richtlinien passen (Abschnitt C. Nr. 25c).

die-Bibel.dev.4.18.10
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